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"Faire-Kassenwahl-Gesetz" Positionierung
Wettbewerbsverzerrungen dauerhaft beseitigen – mit diesem Ziel hat das Bundesgesundheitsministerium am 25. März 2019 einen Referentenentwurf für das „Faire-Kassenwahl-Gesetz“ vorgelegt. Neben Veränderungen der Organisationsstruktur der Gesetzlichen Krankenversicherung soll der Morbiditätsorientierte Risikostrukturausgleich (Morbi-RSA) weiterentwickelt werden.
Die geplanten Änderungen haben erhebliche Auswirkungen auf die Gesetzliche Krankenversicherung. Zu den finanziellen Auswirkungen wurden im Vorfeld umfangreiche Analysen und Empfehlungen durch den Wissenschaftlichen Beirat in Form von zwei Gutachten erstellt. Einige Vorhaben des Gesetzentwurfes widersprechen jedoch den Empfehlungen und Ergebnissen des Beirats und den Vereinbarungen des Koalitionsvertrages.
Für die KNAPPSCHAFT sind die Erhöhung der Zielgenauigkeit des Morbi-RSA und die Reduzierung von Wettbewerbsverzerrungen von großer Bedeutung. Änderungen an der Finanzierungsystematik dürfen nicht zulasten dieser Prinzipien gehen. Ein besonderes Augenmerk ist auf die Bereiche Altersinteraktionen, Erwerbsminderung und Disease-Management-Programme zu richten.
Altersinteraktion
Die KNAPPSCHAFT fordert vor einer Einführung von Altersinteraktionstermen mehr Klarheit.
Das Bundesgesundheitsministerium will sogenannte Altersinteraktionsterme einführen. Diese sollen erreichen, dass die für junge aber morbide Versicherte tendenziell zu niedrigen Zuwei-sungen erhöht werden. Gleichzeitig sollen ansatzweise zu hohe Zuweisungen für ältere und morbide Versicherte sinken. Davon verspricht sich das Gesundheitsministerium geringere Wettbewerbsverzerrungen.
Die KNAPPSCHAFT begrüßt den politischen Willen, Wettbewerbsverzerrungen abzubauen. Es ist jedoch unklar, ob Altersinteraktionsterme dieses Ziel unterstützen. So hält der Wissenschaftliche Beirat Altersinteraktionsterme zwar grundsätzlich für geeignet, rät allerdings dazu, Alter-sinteraktionen vor einer Einführung systematisch zu untersuchen. Diese Einschätzung teilt die KNAPPSCHAFT, da eine falsche Konzeption zu einer gesundheitspolitisch bedenklichen Altersdiskriminierung führen kann.
Die Regierungsparteien haben sich in ihrem gemeinsamen Koalitionsvertrag dazu verpflichtet, Altersdiskriminierung entschieden entgegenzuwirken. Hierzu zählt insbesondere eine gute und gerechte Gesundheitsversorgung. Der Versuch einer Verbesserung der Zielgenauigkeit des Morbi-RSA darf nicht eine Unterversorgung von Kranken in hohem Alter – quasi als Kollateralschaden – zur Folge haben. Die GKV steht für fairen Wettbewerb und Solidarität.
Die KNAPPSCHAFT hält es daher für notwendig, Altersinteraktionen und ihre Wirkung auf Zuweisungen vor einer Einführung wissenschaftlich zu untersuchen.
Erwerbsminderung
Die KNAPPSCHAFT fordert statt einer Abschaffung die Weiterentwicklung des Statusmerkmals Erwerbsminderung.
Das Bundesgesundheitsministerium plant die Abschaffung des Risikomerkmals „Erwerbsminderung“ (EM). Begründet wird die Änderung damit, dass bestimmte Personengruppen, wie zum Beispiel Rentnerinnen und Rentner, den EM-Status nicht erhalten können. Durch die Abschaf-fung soll eine Ungleichbehandlung von Versicherten vermieden werden. Die Erwerbsminderung ist das einzige sozioökonomische Merkmal im Morbi-RSA. Wegen der steigenden Morbiditätsinformationen sei – so das Bundesgesundheitsministerium – ein solches Merkmal nicht mehr notwendig.
Der Wissenschaftliche Beirat lehnt eine Abschaffung des Merkmals Erwerbsminderung ab. Der Morbi-RSA gibt den Krankenkassen für Erwerbsminderungsrentner aktuell weniger Zuweisungen als Kosten entstehen. Entfällt das Merkmal, werden die Zuweisungen für EM-Versicherte weiter reduziert. Dies hätte zur Folge, dass insbesondere sogenannte Versorgerkassen wie zum Beispiel die KNAPPSCHAFT, Ortskrankenkassen und einige Betriebs- und Ersatzkassen mit vielen kranken und erwerbsgeminderten Versicherten stark benachteiligt werden. Der Wegfall des Merkmals schafft einen Anreiz für die Krankenkassen, EM-Versicherte zu meiden – also Risikoselektion zu betreiben.
Für den Gesetzgeber sollte es irrelevant sein, ob eine hohe Zielgenauigkeit und Wettbewerbsneutralität durch sozioökonomische oder andere Merkmale erreicht wird. Zudem ist das Merk-mal Erwerbsminderung anerkanntermaßen manipulationsresistent, da es von krankenversiche-rungsfernen Institutionen (Rentenversicherungsträgern) ermittelt wird.
Im Sinne eines fairen Wettbewerbs ist die KNAPPSCHAFT dafür, mit dem bewährten Merkmal EM weiter zu arbeiten. Wir schließen uns der Empfehlung des Wissenschaftlichen Beirates an, in einem ersten Schritt die Heterogenität der Gruppe stärker zu berücksichtigen und Weiterentwicklungspotenziale zu nutzen.
DMP-Pauschale
Aus Sicht der KNAPPSCHAFT müssen DMP-Pauschalen beibehalten werden.
Das Bundesgesundheitsministerium plant die Programmkostenpauschalen für Disease-Management-Programme (DMP) – auch bekannt als Chronikerprogramme – zu streichen. Die Zielgenauigkeit des Morbi-RSA soll dadurch auf Krankenkassenebene erhöht werden.
Die KNAPPSCHAFT unterstützt jede Bestrebung, die Zielgenauigkeit des Morbi-RSA zu erhöhen. Zweck der DMP-Pauschalen ist allerdings nicht, unvollständig abgebildete Ausgabenrisiken auszugleichen. Stattdessen steht die Verbesserung der Versorgungssituation bei ausgewählten chronischen Erkrankungen im Vordergrund. Sie können als eine Art Investition verstanden werden, um den Aufbau spezialisierter Behandlungsprogramme für Volkskrankheiten zu fördern und damit die medizinische Versorgung der Betroffenen zu verbessern.
Die Regierungsparteien haben in ihrem Koalitionsvertrag betont, Disease-Management-Programme zu stärken. Die finanzielle Förderung der DMP zu streichen, widerspricht diesem Koalitionswillen. Der Gesetzentwurf sieht keine finanzielle Kompensation für entfallende DMP-Pauschalen vor. Der Wissenschaftliche Beirat zweifelt, dass die bestehende Zuweisungssystematik ohne weitergehende Finanzierung der Programmkosten ausreichend Anreize für DMP gibt. Ohne finanzielle Ausstattung sind Disease-Management-Programme bedroht. Chronisch Kranke wären nicht mehr bestmöglich medizinisch versorgt und betreut.
Die KNAPPSCHAFT setzt sich für die Beibehaltung von DMP ein. Hierzu muss die Programmpauschale erhalten bleiben.